Links steht das 50Hertz-Gebäude...
...und Stadtteilkoordinator Peter Kapsch sitzt auf einer Bank davor
Die Freifläche hinter dem Hamburger Bahnhof
Planung des Döberitzer Grünzuges
Kindergarten im 50Hertz-Haus
Peter am Spandauer Schiffahrtskanal
Beim Kiezrundgang im April 2019
Die "goldene Brücke" über den Kanal
Quizfrage: Nach wem wurde diese neue Straße in der Europacity benannt? Wer ist George Stephenson?

Nachbarschaftliche Freiräume in der Europacity und noch viel mehr

Interview mit Peter Kapsch über die Stadtteilkoordination Moabit-Ost

von Gerald Backhaus

Was macht ein Stadtteilkoordinator? Spannende Frage. Peter Kapsch schlägt für unser Treffen die Europacity nahe des Hauptbahnhofes vor. Das 40 Hektar große Areal ist eines der größten Berliner Baugebiete. Es soll 2022 vollendet sein. Wir sitzen in der Wintersonne auf Holzbänken vor dem futuristisch anmutenden 50Hertz-Gebäude neben dem Hamburger Bahnhof. Die Firma betreibt das Stromübertragungsnetz im Norden und Osten Deutschlands. 50Hertz hat diese Bänke zur öffentlichen Nutzung auf dem Firmengelände aufgestellt, erzählt Peter. Fast aller Grund hier in der Europacity ist in Privatbesitz, sieht man mal von dem Uferstreifen am Spandauer Schiffahrtskanal und dem Otto-Weidt-Platz ab, der sich in städtischem Eigentum befindet. In der Bezirksregion Moabit-Ost, für die der Bezirk Mitte 2016 eine Stadtteilkoordination eingerichtet hat, leben mehr als 36.000 Menschen. Moabit-Ost gliedert sich in sieben Planungsräume: Stephankiez, Heidestraße, Lübecker Straße, Zillesiedlung, Thomasiusstraße, Lüneburger Straße und Hansaviertel. Die Stromstraße stellt die Grenze zwischen Moabit-Ost und West dar. Nach Norden hin reicht das Gebiet bis zur Quitzowstraße, im Süden geht es bis zum Großen Tiergarten und umfasst das Hansaviertel, und im Osten ist der Kanal am Hamburger Bahnhof seine natürliche Begrenzung. In dem Neubaugebiet Europacity sind rund 3.000 Wohnungen am Entstehen. „Das bedeutet etwa 4.500 Menschen, die hier leben,“ rechnet Peter vor. Hinzu kommen weitere über 700 Wohnungen in der Lehrter Straße. Zu seinen Aufgaben zählt es, hier zwischen all den Neubaublocks und Kränen Orte aufzuspüren, in denen ein wenig Freiraum möglich ist. Es gibt aktuell keine Räume für kulturelle und nachbarschaftliche Nutzung in der Europacity, u.a. weil sich fast das gesamte Gelände in privater Hand befindet. Öffentliche Treffpunkte sind aber überall in Moabit-Ost rar. Immerhin ist der neue Park nahe des Hauptbahnhofes in Arbeit und wird hoffentlich bald zur Nutzung übergeben. Peter gab die Informationen über die Bürgerbeteiligung am Döberitzer Grünzug, wie diese neue Parkanlage genannt wird, an die Bewohnerschaft der Gegend weiter.

Das Ohr im Stadtteil

Apropos Weitergabe von nützlichen Informationen, auch das gehört zu den Aufgaben eines Stadtteilkoordinators wie Peter. Er definiert sein Wirken generell als Schnittstellenarbeit zwischen der Nachbarschaft und der Bezirksverwaltung. Das bedeutet, dass er Direktkontakt zu den Bewohnern hat, dass er als „Ohr im Stadtteil“ agiert und deren Wünsche und Bedürfnisse ins Bezirksamt weitergibt. Dorthin hat er einen heißen Draht, weil er direkt angedockt ist an die Abteilung Sozialraumorientierte Planungskoordination (SPK). Für die Kommunikation in anderer Richtung bedeutet das, dass Peter die Einwohner von Moabit-Ost über sie betreffende Beteiligungsprojekte, Bauprojekte und ähnliches gezielt informieren kann. Der Multiplikator hat aktuell noch kein Büro in seinem Gebiet. Weil er beim Moabiter Ratschlag e. V., dem Träger der beiden Stadtteilkoordinationen von Moabit-Ost und Moabit-West, angestellt ist, befindet sich sein Arbeitsplatz im Stadtschloss in der Rostocker Straße im Westen Moabits. Doch soll die Stadtteilkoordination Moabit-Ost spätestens 2024 in das neue Stadtteilzentrum, das die Stadtmission in der Lehrter Straße plant, umziehen. Peter ist derweil viel unterwegs in seiner Bezirksregion und verlegt die Sprechstunden ab und zu an Orte wie den „Offenen Kanal“ in der Europacity und in die Hansabibliothek. „Offenen Kanal“ nannte eine Künstlerin ihr Interview-Projekt, das sie 2020 als Zwischennutzung in einer ehemaligen Kantine in der Heidestraße veranstalten konnte. Auch die Standortgemeinschaft Europacity, die viele Investoren und Eigentümer vereint, möchte Peter ansprechen, um sie für ein Engagement in der unmittelbaren Nachbarschaft zu begeistern. Eine Umfrage unter den hier Wohnenden, an der rund 140 Leute teilnahmen, erbrachte als Ergebnisse u.a. den Wunsch nach einer Bibliothek in der Europacity, nach einem Markt und Straßenfesten, mehr öffentlichen Grünflächen, mehr Mülleimern und nach einer besseren Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.

Auslandserfahrungen in Myanmar, Masterabschluss in Eberswalde

Für Peter Kapsch ist ein Neubaugebiet nicht fremd. Geboren in Kaulsdorf, wuchs er „in der Platte“ in Marzahn auf und wohnt jetzt in Lichtenberg. Er studierte Geogaphie an der Humboldt-Universität, bevor er 2017 für ein halbes Jahr als Praktikant einer Nichtregierungsorganisation nach Myanmar ging. Dort ging es insbesondere um „community based tourism“ (gemeinschaftsorientierten Tourismus), aber auch um Einblicke in die burmesische Kultur. Peter lernte dort das Leben im ländlichen Raum kennen. Er erfuhr, wie Honig geschleudert wird und wie Pfefferpflanzern aussehen. Seine Erfahrungen aus Myanmar helfen ihm auch in Deutschland dabei, sich gut auf andere Kulturen einzustellen. In seiner Masterarbeit, die er an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde ablegte, ging es um nachhaltiges Tourismusmanagement und einen „Tourismus für die Nachbarschaft“. Damals sah er sich in Marzahn um, was dort an Orten für die Anwohner existiert, und betrachtete Tourismus nicht als ausschließlich wirtschaftliches Thema, sondern auch aus sozialer und ökologischer Sicht. Als er nach dem Studium 2019 beim Moabiter Ratschlag e.V. seine Stelle antrat, hatte er das Glück, in einem funktionierenden Nachbarschaftszentrum eingearbeitet zu werden.

Von Kiezrundgang bis Stadtteilkasse

Er konnte in diesem Jahr bei Elke Fenster als Stadtschloss-Leiterin und damaliger Stadtteilkoordinatorin Erfahrungen sammeln und die vielfältige Arbeit kennenlernen, bevor er von ihr zum 1.1.2020 die Stadtteilkoordination Moabit-Ost übernahm. Im April 2019 organisierte Peter gemeinsam mit Elke Fenster einen Kiezrundgang durch die Europacity. Mit von der Partie war auch Bezirksstadtrat Ephraim Gothe. “Damals waren wir auch dort oben,“ berichtet er und zeigt an der Fassade des 50Hertz-Hauses zu den obersten Stockwerken hoch. Dieser Rundgang war ein voller Erfolg, gab er doch viele Einsichten in das Großbauprojekt. 2020 war so eine Veranstaltung durch Corona leider nicht möglich. Gerade für jemanden, dessen Arbeit sich wie bei Peter vor allem um den direkten Kontakt zu anderen Menschen dreht, hatte der Beginn seiner Arbeit als Statteilkoordinator durch die Pandemie einen holprigen Start. Trotzdem konnte er - vor allem im Sommer draußen im Freien und mittlerweile auch online - viele Leute erreichen und einige Projekte fördern. Die Mittel aus der Stadtteilkasse von Moabit-Ost jedenfalls wurden 2020 voll ausgeschöpft. Peter verwaltet ein Jahresbudget von 5.000 Euro. Mit dieser Summe, die vom Bezirksamt Mitte finanziert wird, kann er Nachbarschaftsaktionen mit jeweils bis zu 500 Euro unterstützen. Einen Antrag bei der Stadtteilkasse können einzelne Menschen, Gruppen oder Vereine stellen. Die Vergabejury entscheidet dann über die Anträge, Peter berät und organisiert das Verfahren.

Eine von 10 Stadtteilkoordinationen in Mitte

Insgesamt gibt es 10 Stadtteilkoordinationen mit den dazugehörigen Stadtteilkassen im Bezirk Mitte. Er war ein Vorreiter, der erste Berliner Bezirk, der dieses Instrument einführte. Dass Peters Arbeitgeber, der Moabiter Ratschlag e.V., die beiden Stadtteilkoordinationen von Moabit unter seinem Dach vereint, sorgt für einen permanenten Erfahrungsaustausch mit der Koordinatorin von Moabit-West, Esther Klobe-Weihmann. Sie und Ost-Koordinator Peter betrachten Moabit als Ganzes. Für 2021 wünscht er sich, wie wohl die meisten von uns, dass endlich wieder so etwas wie Normalität einkehrt und er viel mehr Direktkontakte vor Ort haben kann. Um die Zeit bis dahin gut zu nutzen, möchte er bald ein paar Podcasts zum Thema „Moabit der Zukunft“ produzieren. Freiwillige vor: Wer von Peter dazu befragt werden möchte, kann sich ab sofort bei ihm melden.

Ob Stadtteilkasse oder Podcast - bei Fragen oder Ideen wenden Sie sich an: Stadtteilkoordinator Peter Kapsch.

Kontakt: Tel. 0176 4344 8651, E-Mail: STK-moabit-ost@berlin.de, Webseite: https://www.berlin.de/stk-mitte/unsere-stadtteilkoordinationen/stk-moabit-ost

 

Fotos: © Gerald Backhaus 2021, außer Foto vom Kiezrundgang 2019: Esther Klobe-Weihmann, Foto Transparent Döberitzer Grünzug: Susanne Torka

 

 

 

Gewinnspiel zum Foto

Wer ist der Namensgeber dieser neue Straße in der Europacity, also wofür wird er geehrt?

Senden Sie Ihre Antworte bitte per E-Mail an uns.

Wir verlosen unter den richtigen Antworten ein Gefäß aus der Töpferwerkstatt im Moabiter Stadtschloss.