Neue Chefin in Moabit-Ost
Sherin Buchwald leitet das Quartiersmanagement in der Wilsnacker Straße 34
von Gerald Backhaus
Das Arbeitsjahr fing für die 32-jährige erst einmal mit Turbulenzen an. Der Kindergarten hatte in der ersten Januarwoche unerwartet geschlossen, so dass Sherin Buchwald zunächst ihre beiden kleinen Kinder betreuen musste. Sie startete nach ihrer Elternzeit von anderthalb Jahren und übernahm den Posten der Teamleiterin von der bisherigen Chefin Cornelia Cremer, die gleichzeitig Geschäftsführerin der UrbanPlan GmbH ist und bleibt.
Das Quartiersmanagement (QM) Moabit-Ost besteht seit gut 12 Jahren unter Trägerschaft der UrbanPlan GmbH, die bereits 1999 - dem Jahr, als Berlin damit begann, das Programm „Soziale Stadt“ umzusetzen - zum ersten Mal ein Quartiersmanagementgebiet übernahm. Das war in Marzahn. Es folgten 2009 der Zuschlag für Moabit-Ost und 2014 das QM Soldiner Kiez.
Im Soldiner Kiez kam Sherin Buchwald erstmals in Berührung mit dem QM, als sie während ihres Studiums (Islamwissenschaft und Global History) für den Verein Al-Dar e.V. bei verschiedenen sozialen und kreativen Projekten mit Kindern und Jugendlichen arbeitete, teilweise auch durch das Quartiersmanagement geförderte Projekte. Auch für die Redaktion der am QM-Büro angedockten Kiezzeitung „Der Soldiner“ schrieb die junge Frau. 2015 nahm sie eine Stelle als Quartiersmanagerin bei UrbanPlan im QM Soldiner Kiez an. Parallel schrieb sie an ihrer Masterarbeit über die Zuzugssperre von 1975 bis 1979 für Gastarbeiter, die in dieser Zeit das Recht verloren, ihren Wohnort in Westberlin frei zu wählen. Moabit war im Übrigen auch von der Zuzugssperre betroffen.
Sie arbeitete drei Jahre im QM Soldiner Straße, bis sie nach der Geburt ihres Sohnes in Elternzeit ging. Als diese sich im September 2019 dem Ende näherte, wurde bei UrbanPlan eine Elternzeitvertretung für Saadet Ciftci im QM Moabit-Ost gesucht. Sherin trat im Oktober 2019 die neue Stelle an. Als Auftakt fand direkt das Suppenfest auf der Pritzwalker Straße statt, wo sie auch mit ihrer Kollegin Clara Lehmann Suppe kochte. anIm Sommer 2020 ging sie dann durch die Geburt ihrer Tochter selbst erneut in Elternzeit.
Die gebürtige Berlinerin wuchs in Tegel auf. Sie wohnt, seit sie 17 Jahre alt ist, in Wedding in der Nähe des Leopoldplatzes. Da ihre Mutter aus Wuppertal und ihr Vater aus Ägypten stammen, ist sie nicht mit dem Berlinischen Dialekt groß geworden und kann daher nicht berlinern. Ihr Mann hingegen schon, denn der kommt aus dem Nordosten Brandenburgs. Als Sherin auf die Frage eines Moabiters, woher sie stamme, mit Tegel antwortete, winkte er aus Spaß ab - so nach dem Motto: „Tegel ist doch nicht Berlin. Moabit ist Berlin!“ Aber das macht Berlin auch so spannend, es besteht aus so vielen unterschiedlichen Welten. Auch Heimatkiez in Wedding, direkt neben an, ist nicht so richtig mit Moabit verbunden. Die Moabiter Insel hat einen ganz eigenen Flair. Zu Beginn ihrer Arbeit ist ihr in Moabit-Ost ist ihr von Anfang an der gute Zusammenhalt auf allen Ebenen - Nachbarschaft und Institutionen- positiv aufgefallen.
Ob sie eine Art 100-Tage-Programm wie Führungskräfte im der Politik hat?
Sherin lacht. In den kommenden Wochen wird sie sich nach ihren anderthalb Jahren Abwesenheit erst einmal in alles hineinfinden. Sie möchte zunächst „ganz viele Orte abklappern und den Kiez fühlen.“ Ihr Ziel ist es, schnell in direktem Austausch mit der Nachbarschaft zu kommen- trotz Pandemie . Den Winter über wird sie zusammen mit ihren Kolleginnen Yasemin Soytemel und Saadet Ciftci sowie Cornelia Cremer am IHEK arbeiten. Das ist die Abkürzung für Integriertes Handlungs- und Entwicklungskonzept. Dieses Konzept bildet die Grundlage für die strategische Ausrichtung der QM-Arbeit in Moabit-Ost für die Jahre 2022, 23 und 24. Es zeigt den aktuellen Stand der Gebietsentwicklung auf und legt für die kommenden zwei Jahre Strategien und Handlungsschwerpunkte für das weitere Vorgehen fest. Normalerweise findet dafür eine große Kiezwerkstatt statt, an der sich die Bewohnerschaft beteiligen kann und ihre Themen mit einbringt. Da dies wie zu normalen Zeiten in diesem Frühjahr pandemiebedingt nicht durchführbar ist und sie stattdessen ein Online-Format nicht günstig findet, soll es kleinere Veranstaltungen zu den einzelnen Handlungsfeldern des IHEK geben. Dazu gehört Bildung - da möchte das QM eng mit den Moabiter Schulen zusammenarbeiten. Im Themenfeld Öffentlicher Raum hat Sherin gerade eine Online-Umfrage auf Instagram gestartet. Es geht dabei darum, Lieblingsorte und Problemorte zu benennen und auf Fotos zu zeigen. Wer mitmachen möchte, findet die Umfrage hier. Und wer kein Instagram hat, kann die Fotos von Lieblings- und/oder Problemorten gerne mailen an team@moabit-ost.de – Sherin würden sie auch gern veröffentlichen.
In das Handlungsfeld Integration und Nachbarschaft fallen die Kiezspaziergänge. Dabei möchte Sherin zusammen mit interessierten Gästen einzelne Institutionen in Moabit-Ost ansteuern und vorstellen. Auch deren Vernetzung untereinander gehört zu den Aufgaben des QM-Teams. Auch das Thema Barrierefreiheit im Kiez möchte Sherin gerne behandeln. Dazu wird es, wenn es wärmer ist, einen Kiezspaziergang zur ersten Bestandsaufnahme geben. Zum Handlungsfeld Gesundheit und Bewegung schließlich wird am 3. Februar 2022 von 16 bis 18 Uhr eine Online-Konferenz für alle Interessierten veranstaltet. Dabei gibt es die Gelegenheit mit Herrn Prey von der Gesundheitsförderung im Bezirksamt Mitte ins Gespräch zu kommen. Anmeldung bitte bis zum 1. Februar per Mail, der Link zur Anmeldung wird dann kurz vor der Veranstaltung zugeschickt.
Was sich Sherin für ihr Quartier wünscht?
Die Institutionen und Träger in Moabit-Ost sollten so gestärkt werden, dass sie perspektivisch unabhängig von Förderungen des Quartiersmanagements werden. Die weitere Entwicklung von dezentralen Nachbarschaftszentren findet sie wichtig, damit die „teilweise große Anonymität aufgehoben wird“. Außerdem freut sie sich darauf, wieder gemeinsam Feste im Kiez zu feiern. Auch wenn es noch lang hin ist, für das Perlenkiezfest wurde schon mal der erste Freitag nach den Sommerferien reserviert. Es ist der 26. August. Sie selbst würde bei dieser oder anderer Gelegenheit auch gern etwas Künstlerisches beitragen, so wie bei der Quartiersratswahl im Sommer 2021. Da musizierte Sherin im Garten der Kulturfabrik, das heißt, sie sang eigene Kompositionen und begleitete sich dabei an der Gitarre. Über das Verfassen von Gedichten kam sie zum Liedermachen und bezeichnet ihr Genre als „Singer & Songwriter“. Sherin wünscht sich, dass sich die durch das QM finanziell geförderte Selbsthilfewerkstatt in der Lehrter Straße weiter etabliert, und dass die Kulturfabrik endlich keine Baustelle mehr ist. Und das es im Kiez Orte für Kinder und Jugendliche zum Auftanken gibt. „Genau wie das Spielhaus auf dem Moabiter Kinderhof, das bis 2023 hoffentlich fertig wird.“
Termine 2022
3. Februar 2022, 16 bis 18 Uhr: Digitaler Workshop zum Thema Gesundheit und Bewegung
26. August, 14 bis 18 Uhr: Perlenkiezfest
Wer sich aktiv im Quartiersrat und der Aktionsfondsjury engagieren möchte, kann sich gern im QM-Büro melden.
Kontakt
Quartiersmanagement Moabit-Ost, Wilsnacker Straße 34, 10559 Berlin, Tel.: (030) 9349 2225, E-Mal: team@moabit-ost.de Sprechzeiten: montags und dienstags von 10 bis 12 Uhr sowie donnerstags von 14 bis 18 Uhr
Text & Interview-Fotos von Sherin Buchwald: © Gerald Backhaus 2022