vor dem Büro in der Perleberger Straße: Angelika Vahnenbruck und Lisa Schunke (von links)
bei einer Besprechung im Büro mit Birgit Sowade (in der Mitte)
Das ganze Team von links nach rechts: Sven Kirschke (KPE Mitte) Helmut Wanner (KPE Mitte) Lisa Schunke (SHK Mitte) Birgit Sowade (SHK Mitte) Angelika Vahnenbruck (StadtRand) Peter Zweigler (Lebendige Nachbarschaft LeNa) und Sandy Albahri (SH und Migration), Foto: © StadtRand
1999 vor den alten Räumen der Selbsthilfe- Kontaktstelle in der Wilsnacker Straße. © StadtRand
Hoher Besuch: Hoher Besuch: 2001 mit dem damaligen Bezirksbürgermeister Joachim Zeller/CDU (Erster von rechts) und Bezirksstadtrat für Gesundheit und Soziales Dr. phil. Christian Hanke/SPD (Zweiter von rechts), © StadtRand
Beim zehnjährigen Jubiläum im Jahr 2005, © StadtRand
Angelika Vahnenbruck (ganz links) mit ihren Kolleginnen im Jahr 2013, © StadtRand
Fotos zum Abschied im Juni 2022, © StadtRand
Fotos zum Abschied, © StadtRand

Voller Einsatz für den Kiez: Angelika Vahnenbruck von der Selbsthilfe- Kontakt- und Beratungsstelle (SHK Mitte)

28 Jahre bei der Selbsthilfe: Angelika Vahnenbruck arbeitete vor allem auf dem Gebiet der Selbsthilfe und verabschiedet sich im Sommer 2022 offiziell aus dem aktiven Berufsleben

- von Gerald Backhaus -

Verabschiedet sich aus dem Berufsleben? Mal im Ernst, kann sie das wirklich? Zum Interview Ende Mai 2022 treffe ich Angelika Vahnenbruck im Gruppenraum „ihrer“ Selbsthilfe-Kontakt- und Beratungsstelle (SHK Mitte) in der Perleberger Straße Ecke Lübecker Straße. Normalerweise sitzen hier Gruppen Anonymer Alkoholiker oder junger Depressiver im Kreis. Morgen soll ihre offizielle Verabschiedungsfeier stattfinden. „Ohne Alkohol?“ fragt Kollegin Birgit Sowade. Angelika überlegt nur kurz und entscheidet sich für: „Ja.“ Was anderes hatte ich auch nicht erwartet. Diese Woche beginnt nun also ihr Rentner-, pardon Rentnerinnen-Dasein? Weit gefehlt. Angelika, die sich selbst als Workaholic bezeichnet, steigt nur aus dem operativen Geschäft aus, würde man in der Wirtschaft sagen. Wobei auch das nicht ganz stimmt, denn sie bleibt weiterhin Geschäftsführerin der StadtRand gemeinnützige Gesellschaft für integrierende soziale Arbeit mbH (kurz: StadtRand), dem Träger der SHK Mitte. Doch wird man sie nicht mehr täglich vor Ort in Moabit antreffen, weil sie ihre verbliebenen Tätigkeiten künftig von zu Hause aus erledigen wird.

Lisa Schunke - die neue Kollegin

Die 31-jährige Lisa Schunke übernimmt ihren Posten, für den sie seit Anfang Mai sowohl von Angelika als auch von Birgit eingearbeitet wird. Lisa ist von Beruf Sozialarbeiterin. Nach ihrer Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation beim Bezirksamt Mitte studierte die gebürtige Berlinerin aus dem Wedding Sozial- und Erziehungswissenschaften in Halle an der Saale. Sie sammelte in ihren vorherigen Arbeitsstellen Erfahrungen in der Einzelbetreuung und freut sich nun besonders auf das Netzwerken als neue Mitarbeiterin der SHK Mitte. 

Seit 1994 dabei, seit 2001 in den neuen Räumen

Diplom-Sozialpädagogin Angelika Vahnenbruck verfügt über Zusatzqualifikationen als Supervisorin und Coach, ihre Kollegin Birgit Sowade als Gestaltpädagogin. Seit über 20 Jahren arbeiten die beiden Frauen zusammen. 1994 begann Angelika bei der SHK des damaligen Bezirkes Tiergarten, Birgit ist seit 1999 dabei. Ihr Domizil befand sich zunächst in der Wilsnacker Straße gegenüber des heutigen QM-Büros. Apropos Quartiersmanagement: als diese Institution auf Senatsbeschluss 2009 auch in Moabit-Ost installiert wurde, war StadtRand in Kooperation mit Urbanplan dessen Träger, zog sich später jedoch von diesem Projekt zurück. 2001 gab es die große räumliche Veränderung für die SHK. Damals zogen Angelika und Birgit ins Erdgeschoss des neuen Gebäudes der Selbstbaugenossenschaft, wo sie seitdem über die gesamte Erdgeschossfläche von rund 200 Quadratmetern verfügen. Neben den fünf Gruppenräumen, einem Büro und einem Beratungsraum beherbergen die hellen Räume in der Perleberger Straße 44 auch das Begegnungscafé für die Nachbarschaft „LouLou“. 

Meisterin im Antragstellen

Zu Angelikas Aufgabenbereich gehören neben allerhand „Bürokram“ vor allem die finanziellen Dinge. Sie ist eine Meisterin im Anträgestellen, denn „wir leben vor allem von Zuwendungsgeldern.“ Teil der Finanzierung von StadtRand sind Strafgelder, die vom Gericht rechtskräftig Verurteilte an soziale Träger zahlen müssen. Angelika akquiriert sie. Dadurch kann die gemeinnützige GmbH Rücklagen bilden, um wenigstens für drei Monate Personalkosten und anderes abzusichern. Zu den Eigenmitteln der SHK Mitte tragen natürlich auch die Teilnehmerbeiträge der Selbsthilfegruppen bei. Wenn die Räume mal frei, also nicht von Selbsthilfegruppen belegt sind, wird auch für Nachbarschafts-Yogakurse oder an die Theatergruppe der Krebs-Selbsthilfegruppe für Proben untervermietet. Und der Berliner Mieterverein, von Anfang an ein temporärer Untermieter, der hier einmal pro Woche Beratungen abhält, bezahlte seinen Mietanteil großzügig auch während der Corona-Pandemie, als gar keine Beratungen vor Ort stattfinden durften.

Der Ort in Moabit-Ost ist ihr "Baby"

In dieser Zeit arbeitete Angelika nur ungern von daheim aus. Ihren Arbeitsort betrachtet sie schon als so etwas wie ihr „Baby“. Sie brauchte ihn, und ließ sich auf den rund 13 Kilometern von Steglitz nach Moabit gern auf dem Fahrrad frischen Wind um die Nase wehen. Fahrradunfälle und deren Folgen sowie eine Krankheit sind auch die Dinge, die ihr auf die Frage nach Tiefpunkten in ihrem Leben einfallen. Ihr Berufsleben hingegen sieht sie komplett positiv: „Ich liebe es, morgens hierher zur Arbeit zu kommen, erstmal alle Unterlagen durchzusehen, für vieles zuständig zu sein und natürlich Menschen zu beraten.“ Sie findet die Selbsthilfe als Konzept der Unterstützung sehr überzeugend und sieht Selbsthilfegruppen in einem Dreiklang zusammen mit der Medizin bzw. Ärzten und mit Therapien. Also keinesfalls als Konkurrenz zu Psychotherapien, sondern als deren wirkungsvolle Ergänzung. „Und wir haben hier immer überlegt, was wir noch alles machen können.“ So kam es u.a. dazu, Selbsthilfegruppen speziell für Jüngere und für Menschen mit Migrationshintergrund aufzulegen. 2015 baute Angelika zusammen mit ihrer Kollegin zudem ein Flüchtlingsprojekt auf. Es gab immer mal andere spannende berufliche Angebote für sie, auch mit besserer Bezahlung, doch hat sie immer etwas hier in Moabit gehalten: „StadtRand liegt mir einfach am Herzen.“

Im Vorstand von mehreren Vereinen

Auch „nebenbei“ sitzt Angelika seit 7 Jahren im Vorstand der DAG Selbsthilfe sowie seit bereits 19 Jahren im Dachverbandes SELKO, einem Verein zur Förderung von Selbsthilfe-Kontaktstellen. Er wurde 1994 von deren Trägervereinen gegründet, um eine kompetente und starke Vertretung der Kontaktstellen und ihrer fachlichen Anliegen zu haben. Ehrenamtliche Vorstandsarbeit macht Angelika in mehreren Vereinen seit vielen Jahren. „Die Arbeit gab mir immer Stabilität“, resümiert sie und wenn sie an ihre persönliche Zukunft denkt, freut sie sich vor allem darauf, ihre Wohnung mal umzugestalten und mehr Zeit in ihrem Garten im Landschaftspflegehof Mariendorf verbringen zu können. Die bald anstehende Reise nach Norwegen und Schweden zeichnet ihr ein Funkeln in die Augen. „Und 2023 soll es nach Buthan gehen.“ Sie war neben ihren häufigen Besuchen in der Türkei aus familiären Gründen u.a. auch auf Fernreisen in Australien, Brasilien und Südafrika. Bei ihren Reisen nutzt die große Netzwerkerin ihre privaten Kontakte und verbindet die Reisen oftmals mit dem Besuch von Freundinnen und Freunden in der ganzen Welt. Ganz aus Moabit verschwinden wird Angelika Vahnenbruck nicht. Wenn Kollegin Birgit Sowade im Sommer im Urlaub ist, wird sie Lisa Schunke zur Seite stehen. Wer Angelika also in der Perleberger Straße treffen möchte, wird dazu noch Gelegenheiten finden.

Kontakt zur SHK Mitte - zu Birgit Sowade und Lisa Schunke, der neuen Kollegin von Angelika Vahnenbruck: Tel.  030 394 63 64, E-Mail: kontakt@stadtrand-berlin.de (täglich erreichbar)

Weitere Details zur SHK Mitte und ihren Selbsthilfeangeboten erfahren Sie in unserem Artikel von 2021

Text & Fotos (bis auf die anders beschrifteten Bilder): © Gerald Backhaus 2022