Der Weltbaum in der Lehrter Straße

Erstellt von Aro Kuhrt, Moabit-Online | Neuigkeiten

In der Lehrter Straße wurde am 5. Mai ein großes Wandbild eröffnet. Aber ein besonderes: Das Wandbild “Weltbaum” von Ben Wagin hängt seit 1975 neben dem S-Bahnhof Tiergarten und wird derzeit von einem Neubau zugebaut. Als Ersatz gibt es nun den zweiten Weltbaum, gleich gegenüber der Kruppstraße.

Mitte der 1970er Jahre: Noch nicht lange ist die Umweltverschmutzung in der deutschen Gesellschaft ein Thema. Politik und Medien greifen es nur zögerlich auf. Mitten in diese Zeit malt der Künstler Ben Wagin zusammen mit Freunden im Zentrum des alten West-Berlins ein Wandbild, auf dem die von Menschen gemachte Zerstörung der Umwelt thematisiert wird. Es ist das erste große Wandbild im Nachkriegs-Berlin, das nicht kommerzieller Werbung dient. Und es ist sehr aussagekräftig. Im Zentrum steht ein Baum, der vor Schmerzen schreit und das Waldsterben symbolisiert. Daneben ein Auspufftopf, als Beispiel für die Ursache der Umweltverschmutzung. Über allem werden auf einem Frachtschiff neue Bäume importiert, weil die alten dem sauren Regen zum Opfer gefallen sind.

Direkt am S-Bhf. Tiergarten konnte man das Bild 43 Jahre lang sehen, auch wenn es in der Zeit immer mehr verwittert ist. Nun aber schien sein Ende gekommen zu sein, denn direkt davor wird nun ein Neubau gesetzt. Bald ist dann nichts mehr übrig.

Aber das Bild wurde trotzdem gerettet. Als Auftakt des Mural-Festivals, in dem in den kommenden Wochen Dutzende neuer Wandbilder in Berlin entstehen, wurde der Weltbaum verpflanzt. Eine Künstlergruppe, die mit Ben Wagin freundschaftlich verbunden ist, hat es originalgetreu an eine neue Hauswand gemalt. Seit heute strahlt der Weltbaum 2.0 an der Lehrter Straße 27-30 in Moabit in frischen Farben. Bei der offiziellen Umtopfung griff Ben Wagin sogar selber zur Schaufel. Der Kultursenator Klaus Lederer hielt eine liebevolle Rede auf den ursprünglichen Künstler. Ben Wagin sagte, dass man damals extra Leute zur Einweihung des Bildes in die Bachstraße mobilisieren musste. Heute thront es über einem gut besuchten Spielplatz und ist nicht allein.

Nur einen kleinen Wermutstropfen gibt es noch: Bisher wohnte Ben Wagin nur 100 Meter von seinem Werk entfernt, nun muss er ein paar Kilometer fahren, um es sehen zu können. Dafür aber strahlt es heute wieder in alter Kraft. Und darauf kommt es ja an. Und es ist wohl das einzige Wandbild in Berlin, das jemals umgezogen ist.

Foto: Moabit-Online