Im Rathaus Wedding in der Müllerstraße...
...ist das Büro für Bürgerbeteiligung des Bezirkes Mitte mit diesen beiden Herren zu finden: Christopher Bindig und Stefan Fieber (von links)
Unterwegs mit dem Lastenrad

„Misch mit in Mitte!“ - Aufruf vom Büro für Bürgerbeteiligung

Statt wie früher oftmals von oben herab über die Köpfe der Menschen zu entscheiden, werden sie heute in vielen Fällen mit einbezogen. Das ist spätestens seit 2017 im Bezirksamt von Mitte Konsens. Damals gab sich die Verwaltung Leitlinien zur Bürgerbeteiligung. In der Folge wurde ein Büro für Bürgerbeteiligung eingerichtet. Ein Besuch vor Ort.

von Gerald Backhaus

Zehn Minuten mit dem Fahrrad hinüber nach Wedding. Christopher Bindig und Stefan Fieber empfangen im imposanten Backstein-Rathaus in der Müllerstraße. Das Büro für Bürgerbetiligung hat dort in der dritten Etage seinen Sitz. Die beiden Männer sind seit 2021 dabei. Doch hierher verirren sich nur wenige, die sich für ein Beteiligungsverfahren interessieren.

„Wir sind ein hybrides Büro“

sagen die zwei, was bedeutet, dass das Team zwar feste Sprechzeiten für Interessierte anbietet, diese aber immer an anderen Orten stattfinden lässt. Dann geht es mit einem Lastenrad, das als Infostand fungiert, genau dorthin, wo den Menschen der Schuh drückt oder ein spezielles Thema unter den Nägel brennt. Dieses Vorgehen ist sinnvoller als ein Ladenbüro, weil der Bezirk Mitte mit seinen über 385.000 Einwohnern etwa der Größe einer Großstadt wie Bochum entspricht und von seiner Bevölkerungsstruktur her sehr heterogen ist. Dementsprechend unterschiedlich sind folglich die Bedürfnisse und Wünsche in den einzelnen Regionen des Bezirkes. „Hybrides Büro“ bedeutet auch, dass es eine operative Arbeitsteilung gibt: Stefan Fieber und Christopher Bindig wirken vorwiegend nach innen in die Bezirksverwaltung hinein. Sie arbeiten ganz eng mit den Personen, die die Bürgerbeteiligung in den einzelnen Ämtern verantworten, zusammen. Für die externe Kommunikation mit den Menschen und Trägern in den verschiedenen Stadtteilen von Mitte hingegen sind Christian Luchmann und Hanna Buntz verantwortlich. Die beiden sind bei der L.I.S.T. GmbH beschäftigt. Dieser Dienstleister, in dessen Trägerschaft sich auch mehrere Quartiersmanagements (QM) in Berlin befinden, wurde vom Bezirksamt mit der Aufgabe beauftragt und sitzt in der nicht weit entfernten Gottschedstraße. „Wir sind eine Querschnittsstelle, die keinem Fachamt zugeordnet ist, sondern seit der letzten Kommunalwahl direkt dem Bezirksbürgermeister untersteht“, erklärt Stefan Fieber. Zuvor fiel das Büro in den Zuständigkeitsbereich von Baustadtrat Ephraim Gothe, der auch hier im Gebäude in der Müllerstraße sitzt. Wegen des Zuständigkeitswechsels mussten Christopher Bindig und Stefan Fieber allerdings nicht nach Moabit ins Rathaus Tiergarten umziehen. 

Praktische Unterstützung für Ämter und für Anwohner

Was ist die Kernaufgabe des Büros für Bürgerbeteiligung? Die beiden Männer definieren sich als Lotsen, Vermittler und Unterstützer  - sowohl für die einzelnen Fachämter, wie z.B. das Straßen- und Grünflächenamt, als auch als Ansprechpartner für alle Menschen im Bezirk, die sich in die Entscheidungsprozesse auf kommunaler Ebene einbringen möchten. Das Büro für Bürgerbeteiligung berät als Auskunftsstelle die Ämter u.a. dazu, wie sie die vom Bezirk selbst definierten Grundsätze guter Bürgerbeteiligung am besten umsetzen können. Es ist auch eine Anlaufstelle für Beschwerden bei der Bürgerbeteiligung und bietet Einblicke in das Archiv bereits gelaufener Verfahren, deren Ablauf ganz genau dokumentiert wurde. „Wir selbst legen allerdings keine Beteiligungsverfahren auf. Doch kann man mit unserer Hilfe eine Bürgerbeteiligung initiieren“, so Stefan Fieber, z.B. wenn man eine konkrete Begrünungsidee für sein Wohnumfeld hat. Das geht mit einer E-Mail und ist damit viel unkomplizierter, als einen Einwohnerantrag zu stellen, für den 1.000 Unterschriften gesammelt werden müssten. Er und sein Kollege Bindig geben das Anliegen direkt an das zuständige Fachamt weiter. Leider wird diese Möglichkeit bisher sehr selten genutzt. Woran das liegt, spekulieren wir gemeinsam. Ein Grund ist wohl, dass viele Interessierte und Aktive sich bereits über Gremien wie die Quartiersräte bei den QMs und über die Stadtteilkoordinationen einbringen und bei vielen Vorhaben des Bezirksamtes mittlerweile ohnehin eine Bürgerbeteiligung mit angedacht ist.

Konkrete Beteiligung am Magdeburger Platz in Tiergarten-Süd

Ein konkretes Beispiel, bei dem das Büro für Bürgerbeteiligung mehr als gewöhnlich involviert war, gab es in Tiergarten-Süd. Dort lag dem Stadtteilforum Tiergarten-Süd eine Umgestaltung der städtischen Grünfläche auf dem Magdeburger Platz am Herzen. In diesem Gebiet gibt es immer wieder Konflikte durch die Straßenprostitution und ihre Folgen. Da es seitens des zuständigen Grünflächenamtes gar keine Ressourcen für ein Beteiligungsverfahren gab, wurden Stefan Fiebig und Christoper Bindig zusammen mit ihrem Team von L.I.S.T. aktiv. Gemeinsam mit dem Fachamt konzipierten sie eine Online-Umfrage zur Erstellung einer Bedarfsanalyse, bei der sich alle Interessierten rund um den Magdeburger Platz auf der berlinweiten Beteiligungsplattforum mein.Berlin.de beteiligen konnten. „Für uns als Büro war das ein sehr lehrreicher Prozess. Wir mussten herausfinden, was das eigentliche Problem vor Ort ist und wie man darauf eingehen kann. Was ist kurzfristig umsetzbar, und was geht langfristig“, erinnert sich Stefan Fieber. Als Ergebnis werden fehlende Bänke ersetzt und die Ausstattung möglichst vereinheitlicht, die Pflanzen für die Vervollständigung der Beete bestellt und die Hecken nochmals von grobem Unrat befreit und der grundsätzliche Pflegeintervall erhöht um mehr Einsicht in den kleinen Park zu gewährleisten. Auch die notwendigen Maßnahmen zur Aufwertung der Wege werden geprüft. Eine nächtliche Parkbeleuchtung hingegen, was sich einige Anwohner bei der Bedarfsanalyse gewünscht hatten, kann nicht eingerichtet werden, weil so permanentes Licht in Parkanlagen u.a. zur Vermeidung von Lichtverschmutzung und wegen der dort lebenden Tiere im Berliner Grünanlagengesetz nicht vorgeschrieben ist.

Von Kinderhof bis Mittelpunktbibliothek - Beteiligungsverfahren bei Millionenprojekten in Moabit 

Zu Beteiligungsverfahren in Moabit fällt Stefan Fieber zuerst der Neubau des Spielhauses des Moabiter Kinderhofes in der Seydlitzstraße ein (wir hatten über diese Einrichtung schon einmal hier berichtet). Dort investiert der Senat über seinen Baufonds rund 2,3 Mio. Euro. Die zuständige Fachverwaltung im Bezirk Mitte ist die Jugendhilfeplanung. Im Rahmen der öffentlichen Beteiligung wurden im Vorfeld dazu eine Kinderversammlung und ein Architekturwettbewerb durchgeführt. Im gesamten Prozess zur Entstehung dieses Ersatzneubaus gibt es eine Beteiligungsverfahren mit den Kindern. Regelmäßig werden mit ihnen zusammen Pläne erklärt, Material bemustert und Modelle gebaut. Das kann man bei diesem genau wie bei vielen anderen Vorhaben in der bezirklichen „Vorhabenliste 2022“ nachlesen. Diese ist in Form einer Broschüre erschienen und auch online zu finden: https://mittemachen-berlin.de/die-vorhabenliste-des-bezirksamtes-mitte-von-berlin/. Dort erfährt man Details zu so unterschiedlichen Vorhaben wie z.B. zum Musikfestival „Panke Parcours“, zu der Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung, dem Tourismuskonzept Mitte oder dem Pankegrünzug zwischen Wiesen- und Badstraße. In der Bezirksregion Moabit Ost sind neben dem Kinderhof u.a. auch die Sanierung des Zilleklubs und als Großprojekt die „Errichtung einer Mittelpunktbibliothek für Moabit“ mit einem Bugdet von 48,8 Mio. Euro aufgeführt.

Ortstermine in Moabit am 26. September 2022

Um über ihre Tätigkeit und die verschiedenen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung auf Bezirksebene zu informieren, kommen Stefan Fieber und Christopher Bindig gemeinsam mit dem Team von L.I.S.T. bald nach Moabit. Am Montag, 26. September 2022, sind sie mit ihrem Lastenrad als „mobilem Büro“ um 16 Uhr auf dem Klara-Franke-Spielplatz in der Lehrter Straße zu finden und freuen sich auf anregende Gespräche. Danach kann man sie um 17.45 Uhr auf dem Otto-Weidt-Platz antreffen.

Stefan Fieber stammt aus Leipzig und wohnt in Charlottenburg. Der 38-jährige ist gelernter Archivassistent und arbeitete ab 2008 beim Brandenburger Finanzministerium in Potsdam. In Potsdam studierte er auch Politik und Verwaltungswissenschaften und verfasste seine Masterarbeit zum Thema „Kommunales Ehrenamt in Brandenburg“. Nach mehreren Jahren in Pankow arbeitet er seit 2021 beim Büro für Bürgerbeteiligung. Sein Einjähriges hier und überhaupt in Berlin feierte auch sein Kollege Christopher Bindig vor kurzem. Der 30-jährige studierte Stadtplanung und Urbanistik in Wien und lebte, bevor er nach Berlin zog, eine Zeit lang in Barcelona. Christopher wohnt in Prenzlauer Berg und kommt mit dem Fahrrad ins Büro. Er findet, dass die Bezirksverwaltung über sehr viel Potential verfügt und freut sich über die vielen jungen Leute, die hier arbeiten. „Und auch darüber, dass sich die Kommunikationsstrukturen immer mehr verändern.“ Stefan Fieber bestätigt diesen Eindruck, auch wenn er zugibt, dass es oft einen gewissen Spagat bedeutet, das Althergebrachte und das Neue in konstruktiver Weise zusammenzubringen. Wer mehr erfahren möchte: Auf ihrer neuen Webseite www.mittemachen-berlin.de bündeln sie alle relevanten Informationen rund um das Thema Bürgerbeteiligung in Mitte.

Kontakte

Büro für Bürgerbeteiligung (intern)

Stefan Fieber und Christopher Bindig, Rathaus Wedding, Müllerstraße 146, 13353 Berlin, Raum: 327, Mail: buergerbeteiligung@ba-mitte.berlin.de Tel.: (030) 9018 42393 und (030) 9018 42394

Büro für Bürgerbeteiligung (extern)

Christian Luchmann und Hanna Buntz, L.I.S.T. GmbH, Gottschedstraße 33, 13357 Berlin, Mail: beteiligung-mitte@list-gmbh.de, Tel.: (030) 460 60 55 60

Text & Fotos: © Gerald Backhaus 2022, und die untersten 5 Fotos stammen vom Büro für Bürgerbeteiligung