Provisorium und Neubau
Das Neueste vom Moabiter Kinder-Hof
von Gerald Backhaus
Irene Stephani wartet im Moabiter Kinder-Hof zwischen den bunten Bauwagen und den Container auf mich. Im Fritz-Schloss-Park scheint noch etwas Herbstsonne. Ihr Kollege Max Venzlaff kommt kurz zu uns. Der Sozialpädagoge ist seit 2023 der Einrichtungsleiter des Moabiter Kinder-Hofes und hat gleich wieder mit den Kindern zu tun. Normalerweise kommen 20 bis 30 Mädchen und Jungen an einem normalen Wochentag her, „selbst in unserer seit fast drei Jahren bestehenden Interimssituation“. Heute sind weniger da, weil es am Halloween-Tag attraktive Parallelveranstaltungen gibt. Das Provisorium stellt das Team des Kinder-Hofes vor große Herausforderungen. Neben der Beengtheit, die im Sommer nicht so sehr ins Gewicht fällt, wenn man sich viel im Freien aufhalten kann, gab es schon handfeste technische Probleme: In den beiden vergangenen Wintern sind die Wasserleitungen eingefroren und die Toiletten waren unbenutzbar. Und nun steht der dritte Winter bevor…
Grundsteinlegung im Dezember 2022, Richtfest im Dezember 2023, Eröffnung wann?
Im Gespräch mit Irene Stephani, Mitbegründerin der Einrichtung in der Seydlitzstraße am Rande des Fritz-Schloss-Parks, geht es vor allem um den Neubau nebenan. Ursprünglich sollte das Haus 2022 fertig werden, doch mussten diese Pläne immer wieder korrigiert werden. Die Grundsteinlegung erfolgte schließlich im Dezember 2022. Richtfest war ein Jahr später im Dezember 2023. Irgendwann wurde der Sommer 2024 als Zeitraum für Fertigstellung und Einzug für das Kinder-Hof-Team anvisiert, und nun soll der Neubau in den ersten Monaten des Jahres 2025 dafür bereit sein.
Warum sich der Bau so verzögert?
Gründe dafür kennt jeder, der schon mal mit einer Baustelle zu tun hatte. Kommt eine Handwerksfirma aus dem Takt, hat das Konsequenzen, für alle, die auf deren Arbeit aufbauen. Es ist ein Rattenschwanz: schafft ein Gewerk wie z.B. der Trockenbau seine Arbeiten nicht im Zeitplan, kann ein anderes Gewerk wie die Elektriker nicht kommen. Diese Truppe arbeitet derweil dann auf einer anderen Baustelle, kann auch erst verspätet anrücken und so weiter. Bauherr von dem modernen Gebäude des Moabiter Kinder-Hofes ist das Bezirksamt Mitte, genauer gesagt dessen Abteilung Jugend, Familie und Gesundheit, Jugendhilfeplanung. Der seit 27 Jahren bestehende Moabiter Kinderhof ist der Nutzer. Die Bausumme von 2,32 Euro, die auf der Bautafel steht, soll inzwischen auf über 3 Millionen Euro angestiegen sein, schätzt Irene Stephani. Das Geld stammt aus dem Baufonds des Programmes Sozialer Zusammenhalt.
Überraschungsfunde beim Abriss
2022 wurde das alte Haus auf dem Kinderhof abgerissen. Dreiviertel des Geländes wurden damals zur Baustelle. Das Team zog mit den Kindern auf die restliche Fläche in Container und Bauwagen. „Schon der Abriss zog sich hin“, erinnert sich Irene Stephani. Das lag an „Überraschungsfunden“. Nein, keine archäologische Funde meint sie damit, sondern Schadstoffe, die beim Ausschachten der Baugrube entdeckt wurden.
Eröffnung in Etappen
Die Eröffnung soll erst dann groß gefeiert werden, wenn das ganze Areal fertig ist. Ist das neue Gebäude einzugsbereit, wird die Nutzung in Etappen bzw. „scheibchenweise“ erfolgen. Dann kommen Container und Bauwagen weg, und das Kaninchengehege wird verlegt. Das Außengelände soll unter der Bauherrenschaft des Straßen- und Grünflächenamtes grundlegend umgestaltet werden. Auf dem Abenteuerspielplatz entsteht dann auch wieder ein Kinderbauplatz. Auch auf der jetzigen Fläche haben die Kinder auf einem Bauplatz bestanden. Dazu wurde der Teich trocken gelegt. Auf einem Kinderbauplatz werden Pfähle in den Boden gerammt, um die herum die Kinder selbst Hütten bauen können. Ein Bühnenpodest wird errichtet, auf dem es Darbietungen im Freien geben kann.
Größere Gesamtfläche und viele Bäume
Während das alte Haus eine Grundfläche von etwa 100 qm besaß, hat das neue Haus rund 300 qm. Obwohl sich die bebaute Fläche vergrößert, wird der Außenbereich nicht kleiner. Das liegt an dem glücklichen Umstand, dass die zum Bürgersteig in der Seydlitzstraße hin gelegene Baumreihe mit vielfältigen Baumarten wie Feld- und Bergahorn dem Areal des Kinder-Hofes zugeschlagen wurde. Der bisherige Zaun wird abgerissen und ein neuer Zaun direkt am Bürgersteig errichtet. Apropos Pflanzen, fällt Irene Stephani dazu ein: „Bestehende Pflanzen, die wir erhalten möchten, müssen wir ausgraben, für eine Übergangszeit in Kübel einpflanzen und dann erneut auspflanzen, wenn die Außenfläche fertig ist.“
Saal, Küche, Werkstatt und mehr - vielfältige Nutzungen werden möglich
Im Neubau wird heute emsig gesägt und gehämmert. Das Gebäude besticht von außen durch eine große Glasfläche hin zur Straße. Es wird darin einen großen Raum mit hohen Decken geben, „den wir Saal nennen“, erzählt Irene Stephani. Sie hat dazu die Baupläne aus dem Container geholt und beugt sich mit mir darüber. Dank einer mobilen Wand kann man den Saal auch vergrößern. Bis zu 70 Personen können dann dort an Veranstaltungen teilnehmen. Angrenzend befinden sich drei Multifunktionsräume, die für verschiedene Nutzungen geeignet sind. Einer soll abbaubare Bühnenelemente enthalten, so dass er als Bühne für das Publikum im Saal umfunktioniert werden kann. Ein anderer Raum soll schallisoliert werden, damit dort - je nach Bedarf - entweder ruhigere Arbeiten oder Musikproben stattfinden können. In einer Werkstatt werden neben Fahrradreparaturen Holz- und Metallarbeiten durchgeführt, auch Töpfern und das Gestalten von Skulpturen für den Außenbereich wird dort möglich sein. Die Küche ist so konzipiert, dass sie als „pädagogischer Nutzraum“ auch für Kochen in Gruppen geeignet ist. Höhepunkt des neuen Hauses ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Art Ausguck auf einer Hochebene. Durch Oberlicht-Fenster kann man in den Himmel und in den Park schauen. Es wird ein Büro für die Verwaltung des Kinderhofes geben, und natürlich einen Lagerraum für die große Materialsammlung des Kinder-Hofes. Die Ausleihe von Spielzeug, Skateboards, Rollschuhen und anderem kann von dort aus nach zwei Seiten erfolgen: nach innen durch die Tür, und nach außen durch ein Fenster.
Ein Abenteuerspielplatz von Anfang an
Auf dem Abenteuerspielplatz können Kinder eigene Ideen entwickeln und umsetzen und dabei auch lernen, mit Konflikten umzugehen. So lautet das Ziel. Irene Stephani, die seit 1988 in Moabit wohnt, traf in ihren Anfangsjahren auf Eltern, die ähnlich dachten. Mit ihnen zusammen konnte sie den Kinder-Hof auf dem Gelände des Gartenbauamts einrichten. Das Gartenbauamt des Bezirkes hatte das Gelände 1996 an das Jugendamt übergeben. Der Verein Stadtteilgruppe Moabit e.V. 1.600 Quadratmeter große Areal zur Verfügung für den Kinder-Hof. Eröffnet wurde der Abenteuerspielplatz nach vielen Vorarbeiten im April 1997.
Anstehende Aktivitäten
16.11.24: Der Moabiter Kinderhof beteiligt sich mit einer Mannschaft am Moabiter Fußballturnier in der Unionhalle, 10-15 Uhr
26.11.24: Das Stadtteilplenum Moabit zum Thema“ Jugend in Moabit“ um 18 Uhr im Zilleklub
14.12.24: Basteln von Windlichtern und Weihnachtsdekorationen im Rahmen des „Lebendigen Adventskalenders“, 14-17 Uhr
Kontakt
Moabiter Kinder-Hof, Seydlitzstraße 12, 10557 Berlin, Kinderladen- und Hortgruppen nach Anmeldung: Tel.: 49 (0)30 394 66 62, E-Mail: moabiter.kinderhof@berlin.de Weitere Informationen auf www.moabiterkinderhof.de
Text und Fotos beim Interview: © Gerald Backhaus 2024. Die Fotos stammen von Irene Stephani.