Die Kurt-Tucholsky-Grundschule in der Rathenower Straße
Die Lehrerinnen Nicole Lewin und Katharina Greif (von links) beim Interview zum Projekt „BOOM! KinderMachenMedien Studio“
Tonexperte Markus gibt per Telefon Rat

Ton ab! Das neue Tonstudio der Kurt-Tucholsky-Grundschule

Interview mit den Lehrerinnen Katharina Greif und Nicole Lewin zum Projekt „BOOM! KinderMachenMedien Studio

von Gerald Backhaus

Treffpunkt Tonstudio der Kurt-Tucholsky-Schule in der Rathenower Straße, einer Grundschule mit musikalischem Profil. Katharina Greif und Nicole Lewin sind an den Reglern des blinkenden Mischpults und am Rechner, wo sie eine Aufnahme des diesjährigen „Frühlingssingens“ vorspielen. In der Schule gibt es regelmäßige Veranstaltungen, bei denen alle mitwirken. Das „Frühlingssingen“ aufzuzeichnen, war die erste erfolgreiche Aufnahme des neuen Tonstudios. Auf dem Handy ist per Videotelefonat gerade Markus zugeschaltet. Der freischaffende Musiker und sein Kollege Jimmy sind als Audio-Experten maßgeblich daran beteiligt, das Tonstudio so richtig zum Laufen zu kriegen. Nachdem der Nebenraum der Aula ausgeräumt worden war, konnte dort die professionelle Tonausstattung mit Hilfe einer Förderung durch das Quartiersmanagement Moabit-Ost (QM) erworben werden. Die Projektleitung hat der Förderverein der Schule übernommen. 

Aufzeichnen, was alles Tolles an dieser Schule stattfindet

Das Projekt „BOOM! KiMaMe Studio“ hat mehrere Ziele, erklärt Musiklehrerin Nicole Lewin: „Wir können zum Beispiel die vielen Live-Auftritte in unserer Schule aufzeichnen und damit dokumentieren, was alles Tolles an dieser Schule stattfindet.“ Lebenskunde-Lehrerin Katharina Greif ergänzt: „Den Kindern möchten wir Medienkompetenz vermitteln. Und zwar fächerübergreifend.“ Also nicht nur musikalisch wird es hier zugehen, auch Hörspiele, Lesungen und Podcasts von und mit Kindern sind denkbar. Aus reinen Konsumenten sollen sich hier also Kreative und Realisatoren entwickeln.

"Wir geben den Kindern eine Stimme!"

Dies geschieht im Format einer Arbeitsgemeinschaft (AG), momentan immer donnerstags. Aktuell sind vier Kinder dabei. „Wir geben ihnen eine Stimme!“ Eine große Motivation für die Dritt- bis Sechstklässler sei es, eigene Tonaufnahmen von sich anzuhören. Nach anfänglicher Schüchternheit sind sie dann manchmal gar nicht mehr zu bremsen und ganz stolz. Dann kann man schon mal Kommentare hören wie: „Die andere hatte aber mehr Sätze zu sprechen als ich“, erzählt Lehrerin Nicole Lewin amüsiert. „Eben: Kinder machen Medien!“ Sie und Kollegin Katharina Greif gehören zur aktuell sechsköpfigen Tonstudio-Organisationsgruppe, denn neben den Kindern erlangen auch die Lehrkräfte hier Medienkompetenz. Konkret heißt das, dass sie von den beiden Tonexperten geschult werden.

Von den Mikros bis zum Audioschnitt

Das geht los beim gezielten Aufbau von Mikrofonen vor der Aufnahme eines Chores über die Verarbeitung der Tondateien im Schnitt bis hin zur Abmischung der gesamten Aufnahme. Mitte April 2024 wurde das Tonstudio eingeweiht. „Vier Schulungen hatten wir bis jetzt und können schon mal Mikrofone aufbauen und eine Aufnahme richtig einrichten. Wir wissen inzwischen, welche Kabel wohin gehören und an welchen Rädchen wir drehen müssen.“ Dass die Lehrkräfte das lernen, sei auch deshalb wichtig, weil das Wissen immer weitergegeben werden soll, nicht nur an die Schüler, die ja nach der 6. Klasse diese Schule verlassen, sondern auch innerhalb des Kollegiums und an interessierte Eltern.

Geld vom QM und mehrere Kooperationen

Die Idee zum Projekt geht zurück auf einen Prozess, an dem neben der erweiterten Schulleitung auch das Quartiersmanagement beteiligt war. Dem QM-Team ist bei seiner Projektförderung wichtig, dass das Tonstudio sich auch zur Nachbarschaft im Kiez hin öffnet. Konkret bedeutet das etwa, dass für das nächste Schuljahr 2024/25 eine Zusammenarbeit mit den Jugendlichen des benachbarten Zilleklubs sowie mit der Moabiter Musikschule sowie Fanny Hensel, dem Humanistischen Verband Deutschlands (HVD) und dem MakerMobil geplant sind2023 wurde eine Organisationsgruppe für das Tonstudio gegründet. Katharina Greif und Nicole Lewin sind seit August mit an Bord. Die Gruppe setzt sich aus vielen Bereichen der Schule zusammen: Erzieherinnen (eFöB), Lehrkräfte und Schulsozialarbeit. Angebote für die Klassen der Schulanfangsphase (Saph) sind im kommenden Schuljahr über den eFöB geplant.

Lebenskunde-Song, Bücherbus und mehr

2024 ist eine Ausschreibung geplant, um einen Song für das Fach Lebenskunde zu erschaffen. In einem berlinweiten Wettbewerb können dann Kinder aller interessierten Schulen antreten. Das beste Lied wird von einer Jury gekürt und dann im Tonstudio der Kurt-Tucholsky-Grundschule vertont. Auch mit dem Bücherbus der nahe gelegenen Bruno-Lösche-Bibliothek ist eine Zusammenarbeit geplant. Kinder könnten zum Beispiel das „Buch der Woche“ einsprechen. „Es gibt so viele Ideen und so viel Potential“, sind sich die beiden Lehrerinnen einig. Doch braucht man auch zusätzliche Zeit, um das alles zu betreuen. Wohlgemerkt ehrenamtlich, ohne Honorar und neben den üblichen Pflichtstunden. Diese Arbeiten sind nur zu meistern, wenn sie auf viele Schultern verteilt werden. 

„Als ich aus den USA zurückkam, wollte ich gern in Berlin-Mitte arbeiten.“

Langfristig lässt sich das hier im Tonstudio Gelernte natürlich prima in den Unterricht integrieren, ist sich Nicole Lewin sicher. Die Musiklehrerin ist auch ausgebildete Musiktherapeutin, stammt aus dem Norden Berlins und hat fünf Jahre in New York gelebt. „Als ich aus den USA zurückkam, wollte ich gern in Berlin-Mitte arbeiten.“ In der musikorientierten Kurt-Tucholsky-Grundschule merkte die Mutter zweier Kinder, dass „ich einfach hierher gehöre.“

Schon als Schülerin an der Kurt-Tucholsky-Schule

Lebenskunde-Lehrerin Katharina Greif ist gebürtige Moabiterin. Sie wuchs in einer Wohngemeinschaft (WG) in der Stephanstraße auf und ging als Schülerin in den 1980er Jahren schon auf die Schule, an der sie heute unterrichtet.

Wünsche für die Zukunft?

Dass das Tonstudio als eine Art Medienlabor so oft wie möglich genutzt wird. „Hier können wir auch die Geschichte unserer Schule über ihre vielen spannenden Projekte festhalten. Wenn ein Auftritt mit Musik sonst verpufft, haben wir nun die wunderbare Möglichkeit, ihn zu dokumentieren.“ So sieht man die Musizierenden in der Aula im Tonstudio eben auf dem Bildschirm, weil bei Tonaufnahmen dort auch eine Kamera installiert wird. Apropos Kamera und Film, neben Tonschnitt auch Bildschnitt zu lernen, findet Katharina Greif gut und wichtig, denn auch dies ist hier möglich.

Kontakt zur Kurt-Tucholsky-Grundschule: Rathenower Straße 18, 10559 Berlin, Telefon: 030/39 74 42 93 10, E-Mail: sekretariat@ktg.schule.berlin.de 

Mehr Informationen zur Schule auf https://kurt-tucholsky-grundschule.de

Text und Fotos: © Gerald Backhaus 2024