Engagement in Moabit-Ost - was man im Quartiersrat und der Aktionsfondsjury bewirken kann
Im Gespräch mit Quartiersrätin Ivonne Launhardt
von Gerald Backhaus
Superwetter und ein nahezu perfekter Ort für die Verkündung der Ergebnisse der Quartierswahl, wenn da nicht die Geräuschkulisse der Bauarbeiten und der trotz Lokführerstreik vorbei rollenden Züge wäre. In den Garten hinter der Kulturfabrik in der Lehrter Straße hatte das QM-Team am 2. September 2021 zur Begrüßungsfeier für den neuen Quartiersrat Moabit-Ost und die Aktionsfondsjury eingeladen. Bereits ab 17 Uhr wurden die Stimmen öffentlich ausgezählt, und auch Ivonne Launhardt war zum Interview schon etwas früher da.
Die gebürtige Hessin stammt aus Frankfurt am Main und lebt seit fast 20 Jahren in Moabit, zunächst in einer WG in der Turmstraße und jetzt in der Pritzwalker Straße. Sie mag Moabit, obwohl sie manchmal auch den Wunsch nach mehr Ruhe in sich verspürt. Für die Mitarbeit im Quartiersrat von Moabit-Ost hatte sie sich beworben, weil sie durch die Aushänge darauf aufmerksam wurde und dachte, dass es an der Zeit sei, sich ehrenamtlich im Kiez zu engagieren. Stadtteilarbeit fand sie vom Ansatz her schon lange gut. So etwas faszinierte sie schon als Soziologiestudentin an der Universität Tübingen. Zunächst wollte sie Kunstgeschichte studieren, brach dieses Studium aber ab und belegte ein Semester Jura, um „etwas Handfestes“ zu machen. Das war nicht ihr Ding, bei Soziologie, Kulturwissenschaft und Linguistik hingegen fühlte sie sich wohl. Ihre Magisterarbeit drehte sich um den Bereich der Migrations- und Biografieforschung. Im Mittelpunkt standen drei türkischstämmige Frauen und ihre Lebenswege.
Weil sie nach dem beschaulichen Tübingen gern in eine Großstadt ziehen wollte, fiel ihre Wahl auf Berlin. Sie hatte auch mal in London gelebt, wo sie - ähnlich wie in Berlin - das Bunte und die große Vielfalt der Stadt faszinierten. Allerdings sieht sie das Leben in Großstädten mittlerweile nicht mehr nur rosig, auch ein Provinzstädtchen wie Tübingen hat so seine Vorteile. Dort verbrachte sie etwa 10 Jahre. Da kann es leicht passieren, dass man jemanden auf der Straße begrüßt und dabei anlächelt, "und dass man das Lächeln bis zum nächsten Bekannten im Gesicht behält". Andere Menschen kennenzulernen empfindet Ivonne als Bereicherung. Das sei in kleineren Orten mitunter einfacher möglich, findet sie. In Berlin war sie zunächst in einer PR-Agentur als Praktikantin tätig. Danach arbeitete sie als Projektkoordinatorin für die Künstlervermittlung an Schulen. Später absolvierte eine Ausbildung zur Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache. Niedrigschwellige Elternkurse waren von da an vor allem ihr Metier.
Wichtig sind der Mutter eines Achtjährigen, der auf die Moabiter Grundschule geht, neben Kindern vor allem ältere Menschen. Sie fände Projekte gut, bei denen es darum geht, Seniorinnen und Senioren zuzuhören, für sie einzukaufen, und dass Ältere z.B. im Kindergarten zusammen mit den Kleinen musizieren. Auch sprachliche Tandems findet sie spannend. Ivonne radelt überall hin und ist seit 2016 Mitglied der SPD von Moabit-Nord. Hauptgrund dafür war die familiäre Prägung als erstes Kind aus einer Arbeiterfamilie, das studieren gehen konnte. Ihr Großvater war schon Sozialdemokrat. Als sie in Frankfurt am Main davon erfuhr, dass Millionenbeträge für einen Brunnenbau auf der Einkaufsstraße Zeil ausgegeben wurden, gleichzeitig aber Kindergartenplätze in der Stadt fehlten, merkte sie, dass soziale Belange für sie oberste Priorität haben.
Clara Lehmann vom QM-Team ruft, weil nun die Verkündung der Wahlergebnisse ansteht. Ivonne hat es geschafft, mit 20 Stimmen wurde sie in den neuen Quartiersrat von Moabit-Ost gewählt. Sie bekam wie alle anderen Gewählten eine Blume und Applaus. Mit dabei war auch Safak Yildiz als die für Moabit-Ost zuständige Gebietsbeauftragte der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. 33 Wahlberechtigte aus dem QM-Gebiet Moabit-Ost hatten ihre Stimme abgegeben, die meisten davon auf digitalem Wege.
Im Anschluss an den offiziellen Teil der Veranstaltung gab es eine musikalische Darbietung von Sherin Buchwald und danach Getränke und Essen von der Kulturfabrik und dem Café MOAB.
Mitmachen im Quartiersrat und der Aktionsfondsjury?
Die Quartiersratssitzungen sind öffentlich. Wenn Sie interessiert sind hineinzuschnuppern, können Sie sich sehr gern informieren und melden:
https://www.moabit-ost.de/aktiv-im-kiez/quartiersrat/
https://www.moabit-ost.de/aktiv-im-kiez/aktionsfondsjury/
Text & Fotos © Gerald Backhaus 2021