Eingang vom SUZ in Wedding
Zierpflanzengärtnerin Bettina Stender
Eiszeitliche innerstädtische Düne
Welches Kräutlein ist das denn? Bettina Stender an der Kräuterschlange
Die Beete der Schulkinder
Ein Habitatbaum
Die Wetterstation am Michelshaus
Das "grüne Klassenzimmer" für Regentage im Gewächshaus...
...auch dort muss richtig gewässert werden

Wässern, wässern, wässern!

Tipps zur Pflege von Straßenbäumen von Gärtnermeisterin Bettina Stender im Schul-Umwelt-Zentrum Mitte

- von Gerald Backhaus  - 

Von Moabit aus geht es etwas nach Osten und dann hoch Richtung Norden. Etwa eine Viertelstunde braucht man mit dem Fahrrad von der Wilsnacker Straße bis zur Scharnweberstraße 159 in Wedding. Wir treffen uns natürlich vor Ort in ihrer Wirkungsstätte, dem Schul-Umwelt-Zentrum Mitte (SUZ). Hinter dem unscheinbaren Eingang versteckt sich ein rund 20.000 Quadratmeter großes Gartengelände.

„Bei uns lernen die Kinder, dass der Mais nicht in Büchsen wächst.“ 

„Grüner Klassenraum“, nennt Bettina Stender das Areal beim Rundgang. Sie sagt, dass „bei uns die Kinder lernen, dass der Mais nicht in Büchsen wächst.“ Ja wirklich, denn Kindergärten und Schulen können hier Projekte buchen, sowas wie z.B. einen Kurs zum Thema Frühlingsblüher oder das Regenwurmprojekt, bei dem es um Holzkisten mit Würmern geht, in die man Küchenabfälle gibt. Doch noch schöner findet die Gärtnermeisterin, wenn Lehrerinnen oder Erzieher mit ihren Kindern in den Garten kommen und hier selbst naturbezogenen Unterricht machen. So wie neulich, erzählt sie, als ein junger Erzieher den kleinen Tümpel von seiner Truppe Kinder unter Wasser mit Becherlupen beobachten ließ.

Vom "alten Hasen" und der eiszeitlichen innerstädtischen Düne des NABU

Auf dem SUZ-Gelände stehen noch ein paar hölzerne Stände vom Tag der Offenen Tür Anfang März, der sehr gut angenommen wurde. Am 18. März hat der Bezirk Mitte hier seinen Umweltpreis verliehen. Zwischen den Informationen ruft Bettina Stender einem ihrer drei Lehrlinge einen Hinweis zu. Sie selbst ist ein „alter Hase“, hat Zierpflanzengärtner von 1981 bis 83 in Weißensee beim damaligen VEG Gartenbau gelernt. Den Garten in der Scharnweberstraße übernahm sie 2020. Gegründet wurde er in den Jahren 1949/50. Bettina Stender zeigt auf die Kiefern, die malerisch auf einer Erhebung wachsen. Da werden Erinnerungen an Ferien an der Ostsee wach. Diese eiszeitliche innerstädtische Düne ist ein vom Natur- und Umweltschutzbund NABU betreutes Naturdenkmal. Dort hinauf dürfen Kinder und Besucher nur mit einer Führung. 

Baumscheibenbegrünungen können sehr nützlich sein

Die Gartenmeisterin hat jahrelang Bäume kontrolliert und berichtet, dass es die Stadtbäume schwer haben, und die Straßenbäume ganz besonders. „Wenn man Baumwurzeln nach oben kommen sieht, liegt das daran, dass sie nicht mehr weit genug nach unten kommen.“ Da sind wir schon mittendrin im Thema Bäume und wie man sie pflegen kann. Sehr begrüßenswert findet Bettina Stender die Entwicklung der vergangenen Jahre, dass sich immer mehr Menschen in der Stadt für die Bäume interessieren, die direkt vor ihrem Haus stehen. Doch geht es darum, selbst eine Baumscheibe zu bepflanzen, seien gute Vorabinformationen und Überlegungen angebracht. Neben der optischen Verschönerung vermindern Baumscheibenbegrünungen die Gefahr der Bodenverdichtung, weil sie nicht mehr betreten oder befahren werden. Das ist gut. Hinzu kommt, dass die Hemmschwelle größer ist, eine gepflegte Baumscheibe als Hundeklo oder Mülleimer zu missbrauchen. Doch schon eine gut gemeinte Bodenaufschüttung von mehr als 2 cm Höhe kann für eine flachwurzelnde Buche den Tod bedeuten, so Bettina Stender. 

Regenwasser reicht nicht aus, deshalb ist Gießen ganz wichtig!

Das A und O für die Bäume ist das Wasser. Bekommen sie noch genug? Der Grundwasserspiegel in Berlin sinkt seit Jahren. „Die vier Liter Regenwasser von heute früh sind schon in paar Tagen wieder weg“, sagt die Expertin. Eigentlich fülle der Niederschlag im Winter die Reservoirs für die wärmere Jahreshälfte auf, in der viel Wasser verdunstet. So war das früher. Doch heute reicht das wenige an Regen und Schnee, das im Winter fällt, dafür bei weitem nicht aus. Starkregen wiederum ist auch nicht gut, weil die ausgetrocknete Erde diese heftige Feuchtigkeit gar nicht aufnehmen kann. Die anhaltende Trockenheit schwächt die Bäume am meisten. Hinzu kommen weitere Faktoren wie Hundekot, die Salzlauge bei Glatteis im Winter und die Verkehrsabgase. Geschwächte Bäume werden anfällig für Schädlinge wie Pilze. Bettina Stender zeigt auf einen Hallimasch. Baumpilze wie dieser geben zwar gute Fotomotive ab, wirken aber zerstörerisch. Sie zersetzen das innere Kernholz, was auch als Skelett des Baumes bezeichnet wird, und zeigen das Sterben des Baumes an. Denkt der Laie noch, dass der Baum ja belaubt ist, erkennen Experten beim Beklopfen des Stammes, dass der Schein trügt und das Innere dabei ist, sich langsam aufzulösen.

Richtig wässern: Lieber einmal in der Woche mit 10 Wassereimer als jeden Tag eine kleine Menge 

Bäume richtig zu gießen, ist das Gebot der Stunde. Lieber einmal in der Woche den Straßenbaum vorm Haus mit 10 Wassereimer wässern, als jeden Tag nur eine kleine Menge Wasser darauf zu schütten, rät Bettina Stender. Denn die kleine Menge verdunstet eher, als dass sie tief in den Boden eindringt. Ein erprobtes Beispiel für die Praxis rechnet sie vor: Trägt man zu dritt jeweils zwei 10-Liter-Eimer voll Wasser zum Baum hinunter, sind das insgesamt schon mal 60 Liter. Dann beim langsamen(!) Gießen in aller Ruhe zusammen ein Feierabendbier trinken, und schon ist der Baum für eine Woche versorgt. Na ja, er hat etwas mehr zum Überleben, weil das trotzdem nicht ausreicht. Eine ausgewachsene Birke z.B. kann pro Tag bis zu 600 Liter Wasser ziehen. Dass Bäume in Not sind, erkennt man u.a. daran, dass sie ihre Spitzen, also die letzten Enden der Zweige, abwerfen, weil sie die nicht mehr ausreichend versorgen können.

Ein heißer Tipp: Wassersäcke!

Gärtnermeisterin Stender empfiehlt ausdrücklich, Wassersäcke aus Kunststoff an die Bäume zu hängen. Diese Säcke, die man mancherorts in Berlin entdecken kann, lassen sich mit 70 Litern Wasser füllen, das dann ganz langsam, quasi tropfenweise ins Erdreich eindringt. So kann der Boden viel davon speichern, was dem Baum zu Gute kommt. Bei größeren Bäumen kann man auch zwei oder drei dieser Wassersäcke anbringen. Sehr alte Bäume brauchen übrigens genauso wie ganz junge Bäume die meiste Pflege. Die Alten können nicht mehr so viele Feinwurzeln ausbilden und Wasser aufnehmen. Sie brauchen daher eine erhöhte Wasserzufuhr. „Das ist wie bei den Menschen“, sagt Bettina Stender, „alte Menschen trinken bekanntlich oft zu wenig.“ 

Was ist ein Habitatbaum?

Wir sehen Habitatbäume im SUZ-Garten. So werden verrottende Bäume genannt, die als Lebensraum für Vögel, Käfer und Würmer dienen. Manchmal führt kein Weg daran vorbei, Bäume zu fällen. Allein 12 abgestorbene Buchen mussten im letzten Jahr in Bettina Stenders Garten dran glauben. Stellen die hinfällig gewordenen Bäume eine Gefahr für die Menschen dar, muss man handeln.

Wie die Zukunft ausschaut?

Bettina Stender runzelt die Stirn. Für unsere Bäume wird’s nicht rosig. Sogenannte Zukunftsbäume, die Trockenheit besser vertragen, werden immer mehr anstelle der heimischen Arten gepflanzt. Zukunftsbäume? Ja, das sind Robinien, Feldahorn, amerikanische Roteiche statt der Stieleiche sowie der Eilands oder Götterbaum, wie Essigbäume in groß. Sagt sie und zeigt auf eine rund 200 Jahre alte Stieleiche, die sich am Rande des Wäldchens befindet. Dieser kleine Wald mit einem Naturlehrpfad ist die Attraktion für die Kinder, die hierher kommen. Für einige Stadtkinder ist es der erste Wald, den sie kennenlernen. Hier können sie nach Herzenslust durch’s Gelände toben, Tunnel durchkriechen und erfahren dabei viel Wissenswertes.

Mit Kindern unbedingt mal ins SUZ

Es gibt einen Imker, der 14 Völker betreut. Und in dem großen Dachsbau sind vier Dachse zu Hause, was sich gut über eine Wildkamera beobachten lässt. Im SUZ-Garten in Wedding gibt es noch viel mehr zu entdecken: von der Heilkräuterschlange über das Gewächshaus mit Warmhaus, Temperiertem Haus sowie Kalthaus, die Schülerbeete, die hier einzelne Klassen anlegen, dort Gemüse und Salat ziehen, bis hin zum schwedisch anmutenden Michelshaus, an dem eine Wetterstation das Berliner Gartenwetter bestimmt. „Wir sind ein grüner Lernort“, resümiert die Gärtnermeisterin. Unbedingt mal hingehen, empfiehlt der Autor.

Kontakt zu Gärtnermeisterin Bettina Stender: Gärtnerische Leitung des Schul-Umwelt-Zentrums Mitte/ SUZ Mitte, Scharnweberstraße 159, 13405 Berlin, Tel.: 030 49870409, Bettina.Stender@ba-mitte.berlin.de

Mehr über den Garten und die vielfältigen dortigen Angebote: https://suz-mitte.de

Wichtige Hinweise zu Baumscheibenbepflanzungen vom Grünflächenamt Mitte: https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/aemter/strassen-und-gruenflaechenamt/gruenflaechen/artikel.606854.php

Text & Fotos: © Gerald Backhaus 2022