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Protestaktion gegen die Schließung des Sommerbades 2002
Bild: Ergül Güner
Abbau der Tribüne am Rasenplatz 2008
Bild: Susanne Torka
Tribünengebäude vor der Sanierung 2008
Bild: Susanne Torka
Sommerbad 1999
Bild: Susanne Torka

Aus dem Archiv des B-Ladens: Berlins einstige Mustersportanlage

Aus dem Archiv des B-Ladens:
Berlins einstige Mustersportanlage

Zahlreiche Ordner mit Informationen über Moabit füllen eine ganze Wand. Sie beherbergen das Archiv des B-Ladens, das zukünftig in Teilen online zugänglich sein wird. Einige Ordner dokumentieren auch Ausschnitte aus der Geschichte des Poststadions in Moabit.

Das Poststadion in der Lehrter Straße 59 an der Grenze zum Fritz-Schloß-Park ist eine der größten Sportanlagen Berlins. Das 1929 fertiggestellte Stadion wurde 1990 als Baudenkmal ausgezeichnet und steht seitdem unter Denkmalschutz. Es ist einer der geschichtsträchtigsten Orte Moabits.

Ursprünglich gebaut wurde die Sportanlage vom Post-Sportverein, dem Namensgeber des Stadions. Es galt als Mustersportanlage der Weimarer Republik und war bis zur Fertigstellung des Olympiastadions 1936 das größte Stadion der Stadt. Es beherbergte eine Aschenbahn für Leichtathletik, vier Übungsplätze für Fußball, Handball, Hockey und Gymnastik, ein Hallenbad mit Ruderanlage, ein Freibad und zehn Tennisplätze. Platz war für insgesamt 45.000 Zuschauer.
Hier besiegte der berühmte Boxer Max Schmeling 1935 den Basken Paolino Uzcudun. Für so große Veranstaltungen wurden damals 34 Kassen geöffnet und 400 Ordner eingesetzt. Wettkämpfe der Olympischen Spiele 1936 fanden hier ebenfalls statt. Auch die Nationalsozialisten nutzten die Kulisse für politische Aktivitäten. So fand beispielsweise eine Maikundgebung der Hitlerjugend statt, bei der Hitler eine Rede hielt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Poststadion nur geringfügig zerstört. Schon im Sommer 1945 konnte der Spielbetrieb teilweise wieder aufgenommen werden. Ein Jahr später fand die erste öffentliche Kundgebung der SPD nach dem Zweiten Weltkrieg im Poststadion statt, als Redner trat der Parteivorsitzende Kurt Schumacher auf.
In den 1950er Jahren finden im Poststadion wieder überregionale Fußballspiele statt. Bald darauf ist das Sommerbad wieder zugänglich, Hochplätze und ein neues Tennisstadion kommen dazu. Noch Anfang der 1970er Jahre ist das Stadion bei Fußballmannschaften wie Zuschauern beliebt, doch das sollte sich bald ändern.

Das Hallenbad schließt 1984 und bis zum Umbau vergehen zehn Jahre. Sechs Jahre später werden das Stadion, die Kassenhäuschen im Eingangsbereich sowie das Gebäude mit Hallenbad und Ruderhalle unter Denkmalschutz gestellt. Es gilt als bauliches Zeugnis der modernen Sport- und Gesundheitspolitik der Weimarer Republik zur Förderung von Körperkultur und Breitensport. Die geplante Sanierung findet nicht statt, weil die öffentlichen Gelder nach der Wiedervereinigung vorrangig im Ostteil der Stadt eingesetzt werden. Das Hallenbad wird später in eine Sporthalle umgebaut, das Freibad 2002 geschlossen. Daraufhin organisiert der B-Laden zusammen mit zahlreichen Moabiter*innen vielfältige Protestaktionen. Nach der Zwischennutzung als Campingplatz mit Kulturangeboten auch für die Nachbarschaft eröffnet 2014 auf dem Gelände die private Wellness-Anlage „Vabali Spa“.
In der Zwischenzeit wird das Tribünengebäude denkmalgerecht wieder hergestellt.

Seit 2006 werden neben Investitionen von Stiftungen und Deutschen Alpenverein auch Fördermittel aus dem Programm Stadtumbau West eingesetzt. In den folgenden Jahren entstehen anstelle früheren frei nutzbaren Rasenplatzes mit Aschenbahn zwei neue Kunstrasenplätze, eine Rundlaufstrecke im Fritz-Schloß-Park, eine Kletterhalle, ein Familiensportplatz, ein Skate-Park und eine Calisthenics-Anlage mit zahlreichen Sportgeräten. Die Planungen für ein Außenbecken hinter dem Stadtbad Tiergarten in der Seydlitzstraße, als Ersatz für das Freibad, wurden 2013 vorerst eingestellt und 2018 wieder aufgenommen. Das Stadtbad wird seit 2019 saniert. Die Wiedereröffnung ist nach derzeitigem Stand im Sommer 2023 geplant. Ein neues 25-Meter-Außenbecken und eine Kinderplansche sollen danach hinzukommen.

Zusammengetragen wurde das Archiv von Mitstreitern des B-Ladens in der Lehrter Straße, die seit über 30 Jahren Anwohner zu Fragen des Wohnens und der Quartiersentwicklung beraten. Im Rahmen des QM-Projektes „Kiezwissen aus dem B-Laden archivieren, digitalisieren und publizieren“ wird das Archiv in Kooperation mit dem Verein Miomaxito aufbereitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In einer Serie wird über die Themen des Archivs berichtet.

Katja Gartz