Birgit Bogner (links) und Melanie Stiewe mit ihrem Hund Leni beim Interview auf einer Bank vor Haus A auf dem GSZM-Gelände
Treffen auf dem Akademieplatz, warm angezogen auch bei Kälte...
...und mit Sonne
Bei einem Hofkonzert
Viel Spaß im Frühling
Ein Treffen vor dem Laden für polnische Lebensmittel in der Turmstraße
Ein großer Höhepukt: der Leierkastenmann spielt auf!
Bei einem Hofkonzert
Wenn's kalt ist: Ein heißer Tee und gute Gesellschaft wirken Wunder
Bei einem Hofkonzert
Treffen im Grünen
Viel Spaß beim Interview auf der Bank mit Leni...
Und mit diesem Kaffeerad sind sie bei schönem Wetter oft im Kiez anzutreffen...
...wie hier, das Kaffeerad in Aktion

„Wir in Moabit - Gemeinsam gesund Älterwerden“ und mehr
Im Gespräch mit Birgit Bogner und Melanie Stiewe

von Gerald Backhaus

Treffpunkt auf dem GSZM-Gelände, wo wir wegen des Regens vor dem Haus A, dem Hochhaus, eine Bank im Trockenen finden. Birgit Bogner von art.e.m Berlin ist zuerst da, während Melanie Stiewe noch einen Parkplatz in der Birkenstraße sucht. Birgit ist Österreicherin, stammt aus Wien und arbeitete dort für einen großen Konzertveranstalter. Dadurch kam sie u.a. mit Größen der Branche wie den Spice Girls und Status Quo zusammen. Außerdem wirkte sie mit an der Organisation von klassischen Konzerten in Schönbrunn. Vor 23 Jahren zog sie nach Berlin. Als da gerade die Loveparade durch die Stadt tobte, rollte sie mit ihren Sachen im Mercedes-Vito-Transporter an und wollte dann gar nicht mehr weg. Inzwischen hat Birgit zwei Heimatstädte: Wien und Berlin. Die passen übrigens gut zusammen, findet sie und erwähnt dabei die Parallelen des Wiener Grantelns und der berühmt-berüchtigten Berliner Schnauze. Von ihren Wurzeln in der Musikszene hat sie sich in Berlin nicht weit entfernt. Sie organisierte ab dem Jahr 2012 das Projekt „Kiezklang“ im Soldiner Kiez, 2014 erfand sie im Rahmen dieses Projekts den PankePacours mit seinen „Musikinseln“. Im Soldiner Kiez erhielt sie dafür den Preis „Goldene Ente“ vom dortigen Quartiersmanagement. Melanie ist inzwischen aufgekreuzt, bleibt stehen, und ihre Hündin Leni legt sich ihr zu Füßen. Während unseres Interviews hilft Melanie zwei ratlosen Männern dabei, ins verschlossene Haus A hinein zu kommen. So ist sie eben, sie hilft gern.

Melanie und Birgit - so ging’s los

2006 lernten sich die Frauen kennen, als sie in einer Bürogemeinschaft in der Ackerstraße in Mitte aufeinander trafen. Ihr erstes gemeinsames Projekt? Da müssen beide eine Weile überlegen, „weil wir schon sooo viele Projekte zusammen gemacht haben!“ Ein Kiezfest auf der Schillerpromenade in Neukölln war darunter. 2015 bewarben sie sich als Bietergemeinsamschaft im Soldiner Kiez für ein Projekt. Sie gewannen die Ausschreibung. Dafür mussten sie aber eine gemeinsame Agentur gründen. So entstand die SmArt GbR. Seitdem treten sie unter diesem Namen als Träger von gemeinsamen Projekten auf. Der Name spiegelt den Zusammenschluss der beiden Agenturen StadtMuster (Sm) und art.e.m (Art) wieder. Melanie gründete 2007 nach ihrem Studium zusammen mit einer Kommilitonin zunächst StadtMuster. Diese Agentur profilierte sich vor allem mit Projekten und Kampagnen in den Bereichen Stadtteilmarketing, Event- und Kulturmanagement. Der Name StadtMuster geht auf ihr Biedermeiersofa zurück, das sie mit einem neuen Stoff bezogen lassen hatte. Der Namensbestandteil Stadt war aufgrund ihrer Themenfelder sowieso klar. Als sie ihr Sofa neu beziehen lassen wollte und den richtigen Sofastoff fand, entstand der Name für die Agentur, denn zu allem gibt es ein passendes Muster. die sie heute zusammen mit dem Creative Director Ronald Liedmeier betreibt. Nach dem Studium ging es bei der gebürtigen Rostockerin Melanie wie bei vielen Berufseinsteigern nicht ohne Stolpersteine los: Viele Erfahrungen, aber noch keine konkreten Referenzen zum Vorweisen. Zwar kam sie mit etlichen Konzepten in die engere Auswahl, doch zog am Ende meistens jemand anderes den Fisch an Land. Die ersten größeren Projekte konnte Melanie beim damaligen QM Moabit West (heute QM Beusselstraße) übernehmen. Eine Evaluierung von QM-geförderten Projekten und die Organisation einer Projektmesse waren damals ihre Aufgaben. Weil ihr diese Arbeit gefiel und das QM-Team sehr zufrieden mit ihr war, fühlte sich Melanie dem Stadtteil sehr verbunden. Der Grundstein für ihre weiteren Aktivitäten in Moabit war gelegt. Neun Jahre lang veranstaltete sie mit StadtMuster sehr erfolgreich die Lange Nacht des Buches im ganzen Stadtteil Moabit, bevor es aufgrund der Förderregeln ab 2018 keine weitere finanzielle Unterstützung dafür gab. Mehr zu Melanie? 2018 haben wir sie hier schon einmal ausführlich interviewt.

Das Projekt Wir in Moabit – Gemeinsam gesund Älterwerden

Dieses Projekt möchte gemeinsame, kostenlose, attraktive Unternehmungen in der Nachbarschaft mit Gleichgesinnten ermöglichen sowie die Gesundheit von Älteren in Moabit-Ost fördern. So lautet das offizielle Ziel, das praktisch schon bei vielen Gelegenheiten in die Tat umgesetzt wurde. Bei dem über das Programm Sozialer Zusammenhalt geförderten Projekt gehören derzeit rund 20 Leute zum aktiven Kern. Melanie findet, dass bei den Treffen eine sehr familiäre Atmosphäre herrscht. Die Runde mit Kaffee und Kuchen oder auch mal Pommes findet in der Regel im Kleinen Tiergarten oder neben bzw. gegenüber von dem Gebäude der Verwaltungsakademie an der Turmstraße statt, denn „dort ist es fast wie auf einem Dorfplatz“. Dazu werden immer Klappstühle, kleine Tische und in letzter Zeit auch das neue Kaffeerad mitgebracht. Auch beteiligten sich alle mit einer Kleinigkeit zum Essen oder Trinken.
Kein alltägliches Bild ist das: Trotz Corana bedingten Einschränkungen sah man die Gruppe auch im Winter schon dick eingemummelt im Kreis auf der Turmstraße sitzen und die heißen Tee trinken, um sich zu sehen, zu plaudern und einfach nicht alleine zu sein. Aus Spaß bei freundlichen und zustimmenden Blicken von Passanten rief die Teilnehmerin und Quartiersrätin Sedanur Karaça ihnen gern lachend zu: „Wir sind ausgebrochen aus dem Altersheim“, und ergänzte mit Blick auf Birgit und Melanie: „Und das sind unsere Betreuerinnen!“ Das sorgte für Heiterkeit. Viele der Vorübergehenden schenkten ihnen ein Lächeln. Auch während der Lockdown-Monate war es den Projektträgerinnen wichtig, sich möglichst wenigstens einmal pro Woche mit den Beteiligten zu treffen, weil viele der Älteren allein leben und besonders hart getroffen waren von den Corona-Kontaktbeschränkungen. Da das lange Zeit nur draußen im Freien erlaubt war, ging es nur, wenn die Wetterlage es zuließ. "Zur Not stellte man sich bei Regen unter Markisen oder einem Dach." erinnert sich Melanie. „Weil wir mit allen telefonisch verbunden sind, gibt es keine festen Tage für unsere Treffen von ca. 14 bis 16 Uhr und diese haben wir mit Blick auf’s Wetter immer kurzfristig vereinbart.
Melanie und Birgit unterstützen auch bei ganz praktischen Dingen wie Briefe an Behörden zu formulieren oder wenn es  z.B. darum geht, wie man einen Anwohnerparkausweis beantragt oder Fotos am Automaten im Drogeriemarkt ausdruckt. „Wo ist mein Internet hin?“, auch bei technischen Problemen dieser Art helfen sie.
Anfangs, im Herbst 2020, trafen sie sich im Theatersaal des Zilleklubs, wo auch gemeinsames Kochen möglich war, doch als Corona kam, ging das nicht mehr. Das ganze Projekt hatte sich Melanie zu Beginn überhaupt „viel strukturierter“ vorgestellt, doch seit März 2020 war klar, dass sie kurzfristig planen und dabei spontan reagieren müssen.
Im Rahmen des Projekts finden neben den regelmäßigen Treffen u.a. auch musikalische Einlagen wie Konzerte und gemeinames Singen, Lesungen, Vorträgen zu Gesundheitsthemen oder historische Kiezführungen statt. Im Juni begab sich die Runde zusammen mit weiteren Interessierten an zwei Samstagen ins Herz von Moabit. Unter dem Motto „Von der Hugenottenkolonie zum Berliner Arbeiterviertel“ ging es mit der Politologin und Stadt-Führerin Diana Schaal einmal auf der Route Straße Alt-Moabit und einmal auf der Turmstraße entlang. Bereits im Vorfeld war die Resonanz so stark, dass es jeweils noch eine Ersatzführung gab, um alle Interessierten zu berücksichtigen. Die Rückmeldungen dazu waren sehr positiv und die Nachfrage so groß, dass Birgit und Melanie für Herbst weitere Veranstaltungen planen, damit wer möchte, die Moabiter Nachbarschaft noch besser kennenlernt. Auch Lesungen und Vorträge, z.B. über Alzheimer, organisieren Melanie und Birgit. Hier hoffen beide, dass diese bald wieder stattfinden können. Groß war ihre Freude, als sie sich mit drei Redebeiträgen aus Moabit an der Aktion „Berlin liest ein Buch“ des rbb-Hörfunksenders Radio beteiligen konnten. Ziel war es, ganz Berlin im Mai 2021 in einen Lesekreis zu verwandeln – „denn liest man das gleiche Buch, hat man sich etwas zu erzählen, tauscht Gedanken aus, bildet sich eine Meinung zum Buch und entdeckt vielleicht Übereinstimmungen zu eigenen Erlebnissen, über die man sich mit anderen austauschen kann.“

Die Komische Oper Berlin und ihre Veranstaltungsreihe „Komşu Dolmuş“ - Musiktheater in Moabiter Hinterhöfen

Um den Corona-Alltag etwas bunter zu machen, konnten Melanie und Birgit als kleinen Ersatz für das 2020 ausgefallene Perlenkiezfest u.a. Musikerinnen und Musikern der Komischen Oper Berlin für Moabit gewinnen. Die drei Konzerte mit einem jeweils 30-minütigen Programm im Juni 2021 wurden sehr gut von der Bewohnerschaft angenommen und fanden in verschiedenen Hinterhöfen statt. Das bereits vielfach erprobte Team von „Selam Opera!“ beglückte die Anwohnerschaft mit bekannten und noch zu entdeckenden Liedern und Arien aus Opern und Operetten und erntete dafür viel Applaus und Zugabe-Rufe von den Fenstern und Balkons.  Weitere solcher Hofkonzerte mit der Komischen Oper oder anderen Musikern sind im Herbst geplant. Und da die Projektbeteiligten alle gern singen, studieren sie aktuell auch ein anatolisches Volkslied mit Birgit als Singleiterin ein, welches aus dem Programm der Komischen Oper ist und besonders unter der türkischen Bewohnerschaft sehr gut ankam.

Das Projekt Wir in Moabit – Gemeinsam gesund Älterwerden läuft bis Ende 2022. Bis dahin steht ganz viel an. Birgit und Melanie planen weitere gemeinsame Unternehmungen wie z.B. Kiezführungen, einen Bootsausflug, Kneippen am Wannsee, gemeinsames Singen, Yoga-, Entspannungs-, Tanz- und Theaterkurse, Hofkonzerte, einen Besuch der Komischen Oper, Vorträge und Erfahrungsaustausch zu verschiedenen Themen rund um die Gesundheit, sowie gemeinsames Essen und Lesungen. Daneben haben sie auch künftig immer ein offenes Ohr für Probleme, Schreiben von Anträgen oder Fragen zu den Dingen des Lebens. Ihr Ziel ist es, dass sich geplante Kurse wie z.B. Yoga, Energieübungen und Handarbeiten in Zukunft etablieren. Dazu sind sie aktuell dabei, weitere Multiplikatoren in Moabit zu finden.

Alle Termine auf einen Blick finden Sie hier

Mitmachen?
Lust auf Gemeinschaft, auf Kaffeetrinken, Yoga, Theater, Chor und mehr? Wer sich beteiligen möchte am Projekt Wir in Moabit – Gemeinsam gesund Älterwerden kann sich sehr gern melden:

Kontakt
Melanie Stiewe und Birgit Bogner - E-Mail:: smart@artem-berlin.de und Tel. 0177/7423230,  www.stadtmuster.de

Die Projektfotos stammen von den Projektträgerinnen / SmArt - StadtMuster Art.e.M Berlin GbR, Text & Fotos von Melli & Birgit auf der Bank: © Gerald Backhaus 2021